13. September 2012

Warrior (Gavin O'Connor) 8,28


Ein außergewöhnlicher Film – ob er auch als außergewönlich gut bezeichenbar ist, scheint zunächst schwer festzulegen.

Es gibt hier soviele Elemente des klassischen (Boxer-)Außenseiterheldenfilms, und dann auch noch zahlreiche Elemente, die für sich genommen diskutabel bis blöd sind (skeptische Ehefrau wird am Ende doch zum größten Fan, relativ sensibler Lehrer(!) nimmt an ultrahartem Kampfturnier teil, um sein Haus zu retten(!), der andere Antihero ist ein eigentlich heldenhafter, aber geächteter Soldat, usw…).

Was dieses kraftvolle Over the Top-Drama allerdings so richtig toll macht, könnte gleichzeitig am Papier das Allerblödeste daran sein: spät im Film stellt sich heraus, dass beide Hauptfiguren Brüder sind; der Vater, trockener Alkoholiker hat es sich mit undefinierten Vorfällen aus der Kindheit mit beiden verscherzt, die Brüder selbst können auch nicht mehr miteinander… (am meisten aus der relativ unbeleuchteten Vergangenheit erfahren wir noch in einer verdächtig an Heat angelehnten Szene).

Der sehr (hollywoodesk) klassisch, stark inszenierte Film lädt förmlich zum Mitfiebern ein: es gibt zwei ebenbürtige Hauptfiguren, die beide um den Sieg in einem harten Turnier kämpfen. Mit das Spannendste ist nun wirklich, dass man nie wissen kann, für welchen der beiden möglichen tragischen Figuren sich der Regisseur am Ende als Verlierer bzw. Sieger „entscheidet“; bei Urviech Tommy (zum ersten Mal ist mir Tom Hardy hier richtig aufgefallen, und dann gleich so beeindruckend) ist eh klar, dass er ins Finale kommt; dass es auch Brandon schafft, ist nicht ganz vorhersehbar, am Ende passsiert es jedenfalls doch, was man ganz analytisch wieder als etwas lahm bezeichnen könnte; doch O’Connor gestaltet seinen Film (mit fiebrigen Kampfszenen und Parallelmontagen) tatsächlich so mitreißend, dass die Blödheit des Konstrukts der Wucht der Bilder und Kraft der Gefühle nichts anhaben kann, sie auf eigenwillige Weise eher sogar noch verstärkt.

Man kann auf jeden Fall auch das Grundsätzliche an diesem Kämpferdrama blöd finden: sich auf die Fresse schlagen als Grundlage dafür, ein „Held“ sein zu können. Aber wozu gibt es Kino (unter anderem)? Und letztlich – auch das im Grunde etwas banal, aber dennoch sehr sehr schön – haben beide Brüder einen weichen Kern – selbst Tommy (die Szene, als er den Vater erst abstoßend beleidigt und kurz darauf in einer animalischen Zärtlichkeit versorgt und hält, ist unglaublich…).

Warrior ist etwas ganz Seltenes: ein Film, der „harte Kerle“-Action, -Stimmung, -Werte, etc. mit einer im Grunde total kitschigen Philosophie verbindet; ein klassisches Sport-/Box-/Hero-Drama gemischt mit einer fast biblischen Brudertragödie, welche am hochemotionalen Ende (die beiden wanken gemeinsam, umschlungen in die Kamera) übrigens nicht tragisch, sondern versöhnlich ausgeht. Warrior ist intensives Körperkino, wie eine Art existenzialistische, aber positive Antwort auf The Wrestler; der Krieger Tommy, ein zerrissener, traumatisierter Mensch, der nur (noch) durch das Prügeln das Leben und seine Gefühle aushält. Ein unbedingt erfahrenswertes, komplett wahnwitziges Jahreshighlight.

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