4. Mai 2011

Interludium - Cantet, Mendoza, Maddin


L’emploi du temps (2001) 8,62

Eindringliches, geradezu elegisches 130 Minuten Porträt eines Mannes, der vorgibt, einen tollen neuen Job angenommen zu haben – in Wahrheit jedoch gekündigt wurde und immer mehr in eine Scheinwelt hinwegdriftet.

Aurélien Recoing spielt beeindruckend diesen Charakter, Regisseur Cantet (Entre les murs) nimmt sich viel Zeit für eine faszinierende Studie; die klassische Musik transportiert dabei mehr Gefühl als die Fassade Vincents, die fast stets aufrecht bleibt; umso beeindruckender sind dann die wenigen Momente, in denen er innerlich zusammenbricht und seiner Frau oder einem späten Freund andeutet, was in ihm wirklich vorgeht.

Anscheinend beruht der Film auf einem wahren Fall, der enorm tragisch endete; wenn man das vorher weiß, scheint, als das Filmende naht, dieses kaum aushaltbar; es könnte sein, dass Cantet damit auch richtiggehend spielt; doch sein Film endet anders – und wird dann durch die letzte Szene noch mal ergänzt, und gewinnt dadurch noch zusätzlich an Größe.

Ein großartiges Werk über einen Menschen, der abdriftet und, auf Autpilot geschaltet, im Zeitlupentempo sein Leben und das seiner Familie ruiniert. Ein Biedermann mit einem Schein-Vorzeigejob und –leben, in dessen Inneren jedoch eine schleichend destruktive Energie arbeitet. Zutiefst beunruhigend und erschreckend ist das und doch, was diesen Entwurf so intelligent-beklemmend macht, sind seine sehnsüchtigen Gedanken in Ansätzen auch nachvollziehbar (etwa wenn Vincent erzählt, dass er lieber stundenlang im Auto fährt als die Ausfahrt zum Ort eines wartenden Kunden zu nehmen). Solche Gedanken kommen vermtulich bei jedem immer wieder mal vor, nur schaffen es die meisten Menschen, sie sofort wieder zu stoppen und das Leben mit all seinen mühsamen Seiten im Großen und Ganzen zu meistern – Auszeit ist vor allem ein Film über das Nichtgelingen, das bewusste oder unbewusste, gewollte oder ungewollte Scheitern.


Masahista (2005) 6,20

Mendozas Klasse aktuellerer Werke wie Serbis oder Lola blitzt in seinem Debüt noch kaum auf (durchaus allerdings einzelne Elemente, die sein Werk charakterisieren). Extrem billige Videoqualität, oftmals fast avantgardistisch schnelle Schnitte, dann wieder extrem ausgeruhte Homoerotik-Gesprächs- und –gefühlsszenen und das völlig eigene Flair des modernen philippinischen Kinos lassen aber auch den Masseur zu einem minimal überdurchschnittlichen Werk mit einem gewissen „kann man schonmal ansehen“-Faktor werden.


The saddest music in the world (2003) 8,26

Wie eigentlich immer bei Maddin sehr charmanter, ultramelancholischer, grenzgenial abgedrehter, originell-liebevoller Wahnwitz, toll gespielt und wunderschön hommagierend gefilmt; die Spielfilmlänge schadet trotz anfänglicher Schrägheits-Bombardements-Bedenken nicht, dem oftmaligen Kurzfilmexzentriker geht auch über die lange Distanz die Luft nicht aus, der Film bleibt bis zum emotionalen, lauten und stillen Finale ein spezielles Vergnügen, wenn auch ohne genialischen Tiefgang.

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