15. März 2011

66/67 (Ludwig & Glaser) 8,72




Ein anscheinend noch nicht übermäßig bekannter, aber sehr guter, faszinierender Film über Männer um die 30, alle latent radikal-aggressive und "verkorkste" Fans des Fussballvereins Eintracht Braunschweig, der in der titelgebenden Saison mal deutscher Meister wurde und heute in der Drittklassigkeit herumsiecht.

Gewaltbereite Männer also, die ihr Leben nicht auf die Reihe bekommen; Probleme mit den Frauen können sie nicht konstruktiv lösen; der Film ist völlig "frei", einerseits mit den zahlreichen Charakteren wie ein Episodenfilm angelegt, doch es gibt kaum einen erkennbaren Faden (dennoch ist der Film perfekt gelenkt von den Co-Autoren-Regisseuren Jan-Christoph Glaser und Carsten Ludwig), ständig wird die „Hauptfigur“ gewechselt. Unangenehm ist dieser Film auch, unterschwellig enorm beunruhigend, oft wirkt es auch wie eine lebensnähere Version von Fight Club. "Fairplay war gestern", diese Unterzeile zum Titel klingt provokant, gleichzeitig platt und peinlich, doch der Film ist hochintelligent und alles andere als ein Aufruf zu Gewalt, obwohl diese Gewalt ein fester Bestandteil des Films und seinen Figuren ist.

66/67 ist total unvorhersehbar, verwinkelt, total psycho, intensiv, schwarzhumorig, macht verstörende Dinge, sagt viel Wahres über Männer; man möchte diese Männer zumindest zum Teil sympathisch finden, versucht zu sortieren (wer ist da nett, wer das Arschloch??), doch so leicht geht das hier nicht. Man hofft auf eine positive Entwicklung, doch es ist kein wirklich positiver Film, wenn auch kein völlig trister.

Ein ganz großer Film (aus Deutschland!), der zum Glück auch hervorragende Schauspielleistungen hat; der, würde er bekannter sein, wohl als offizieller Erbe dieser kompakteren und enger geplanten Episodenmeisterwerke des vorangegangenen Jahrzehnts wie Magnolia und co. gelten würde. Mit etwas Verspätung muß ich sagen, einer der besten Filme des vergangenen Jahres. Das Filmemacherduo könnte hier einen gigantischen einmaligen Coup gelandet haben, oder aber mit diesen Fähigkeiten und diesen eigenen Vorstellungen von Film vor einer ganz großen Karriere stehen. Ein so reicher Film, dass man Seiten darüber schreiben könnte (liebe am deutschen Film interessierte, mehr Zeit habende Bloggerkollegen!): Ansehen, wer immer das auch liest!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen