8. September 2010

Die Besucherin (Lola Randl) 7,21




Sie ist müde, aber sie kann nicht schlafen. Sie ist fast immer im Bild, aber ihr Innenleben bleibt rätselhaft, ihre Wünsche verborgen. Ihr Zusammenleben mit Mann und Tochter ist nur noch eine leere Hülle ohne Emotionen.

Sie bekommt von der Schwester Schlüssel zu einer Wohnung, in der sie Blumen gießen soll. Dort stöbert sie rum und findet heraus, dass eine Frau gestorben ist und deren Mann, der dort (etwas seltamerweise) nicht mehr wohnt, diesen Schmerz gerade verarbeiten muß. Die tote Frau lässt sie nicht los und immer wieder will sie in die Wohnung, will mehr Details aus diesem Leben. Bis eines Tages der Witwer zur selben Zeit da ist und es zur Climax (des Films) kommt…

In dieser kurz angerissenen ersten Hälfte ist das auf ruhige Art in seinen Bann ziehende Psychodrama ganz toll. Sylvana Krappatsch spielt Agnes, deren Motive dem Beobachter stets unklar bleiben, enorm gefühlsreduziert und die Kamera heftet sich auf ihre Fersen, oder besser gesagt verliert sich in ihrem Gesicht. (Wobei erwähnt werden kann, dass Randl hier keinen absoluten Zugang mit Konzentration auf die Hauptperson wählt, was eine möglicherweise noch intensivere Wirkung erzielen hätte können.)

Leider kann die zweite Hälfte des Werks die unterschwellig beunruhigende und faszinierende Atmosphäre der ersten nicht mehr ganz halten. Sobald sich die Figuren öffnen, (was natürlich kein Kritikpunkt sein kann), geht nunmal dennoch etwas von dieser einmaligen Stimmung verloren und man hat gerade bei den beiden Männern, zwischen denen Agnes steht, auch ein-, zweimal das Gefühl, dass die schauspielerische Leistung etwas schwächelt oder die Charakterzeichnung nicht ideal gelungen ist..die Fokussierung auf die unterkühlt-charismatische Agnes ist hier sicher das größere Plus.

Die Besucherin ist letztlich ein vor allem in der ersten Hälfte beeindruckend stimmiger, aber auch ganzheitlich recht interessanter Film geworden, der ein differenziertes Szenario einer Familienkrise und einer sich in eine Extremsituation stürzende Frau entwirft, und dem bis zum angenehm tragikfreien Ende der Spagat zwischen unverbrauchter/eigenwilliger Geschichte, Atmosphäre, Spannung und realistischer Alltagstreuheit gut gelingt.

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