9. Januar 2010

2010 - Was bisher geschah

Chop Shop (Ramin Bahrani) 8,15

Ziemlich guter, vitaler Ghetto Film um einen 12-jährigen Waisen, der in einer halblegalen/halb illegalen Autowerkstatt seine Kohle verdienen muß, Probleme mit seiner blowjobbenden Schwester hat und dann auch noch wegen seinem besten Freund in die Bredouille gerät..

Der Bursche hat einen starken, trotzigen Charakter, dennoch ist er ein Kind, das kommt gut raus, ohne dass es sentimental wird..

..der Regisseur hat sehr authentisch gearbeitet und gecastet (siehe verlinktes Interview in der ofdb), das ist der enorme Pluspunkt dieses kleinen Films, ebenso die schöne letzte Szene.




Tropa de Elite (Jose Padilha) 8,1

Wow, ein Film, der (mich) lange nach dem Abspann noch beschäftigt und auch während der 2 Stunden, die er dauerte, schon extrem fordernd war; ständig schwankte ich zwischen: was soll das? und: sehr gut, was Padilha hier macht.

Faschistoide und reaktionäre Ideologien transportiert der Film so deutlich und unhinterfragt, dass man sich lange Gedanken machen muß, ob das nun noch ein legitimes Mittel ist oder nicht. Jedenfalls wirft Tropa de Elite viel Diskussionsstoff auf bzw. hat dies vor allem in Brasilien auch schon im großen Stil getan.

Richtig schwach ist nur die Full Metal Jacket artige Ausbildungseinlage gegen Ende; vielleicht ist es gar nicht so abwegig/übertrieben, aber es wirkt eher lächerlich als beklemmend.

Das Ende gibt dann richtig Gas; schon sehr krass, das alles. Aber ich begreife den (mit seiner Schnelligkeit und Mulitperspektivität) oft auch etwas überfordernden Film als Denkanstoß (die Actionszenen kann man wohl kaum "genießen" oder "cool finden") und als politisches Werk, selbst wenn er gerade durch den "Genre-Aspekt", die Action vielleicht erst für viele so richtig "spannend" und ansehbarer wird. Schwer zu sagen, ob man den Film nicht durch andere Perspektiven, durch mehr Informationen, mehr Ambivalenzen noch viel interessanter machen hätte können, aber so wie er ist, steht er nun da, als eines der kontroversesten Dinger der letzten Jahre. Der Film ist es jedenfalls definitiv wert, gesehen und reflektiert zu werden.




The Illusionist (Neil Burger) 5,2

Ich hatte mir doch einen recht netten Film (wenn auch nicht einen Knaller wie The Prestige) erwartet, aber der Illusionist ist doch deutlich schwächer als sein relativ zeitgleich entstandenes Pendant. Ein Film über Magie, der über die meiste Zeit selbst keine Magie entfalten kann, sondern durch eine biedere Geschichte und überraschend lasche Schauspielerleistungen von guten Leuten (ok, vielleicht lags auch etwas an der Synchro) immer fader wird, das kann nicht gut gehen.

Zudem ist fast alles sehr vorhersehbar und selbst die Tricks wirken dadurch, dass sie aus modernen Computereffekten bestehen, wenig aufregend, weiters ist der ganze Stil des Films irgendwie blöd, passen halt nicht ganz zu dieser Zeit die glatten Bilder und die eher blassen Hollywood Stars.

Ne, also der gab mir sehr wenig..reichte nichtmal für lockere Nachmittagsunterhaltung..Burgers folgender Film "The Lucky Ones" ist übrigens schon etwas besser geworden.




Where the Wild Things are (Spike Jonze) 8,7

Fantastischer Beginn, herrlich sinnloses Herumtollen, zwischendurch etwas eintönig, dann wieder ziemlich seltsam in der Charakterpsychologisierung und schlussendlich bzw. insgesamt einfach wunderschön, diese schräg-anarchisch-zärtliche Kinderbuchverfilmung.




Hostel (Eli Roth) 7,4

Offensichtlich ohne jemals allzugenaues darüber gewusst zu haben, hätte ich mir den ja GANZ anders vorgestellt.

Aber nach Cabin Fever hätte ich es ja doch ahnen müssen, dass Roth eher auf Klamauk steht, jedenfalls seh ich den Film mehr als Komödie als sonstwas.
Witzige Unterhaltung ist er allemal, von Folterschrecken ist er auch entfernt (ich dachte, es geht in Hostel wirklich beklemmend zu). Gegen Ende wird es dann aber noch immer blöder (ab dem Punkt, wo er nochmal zur Asiatin zurückkehrt oder als die Polizisten die Autofahrer verprügeln), aber insgesamt hatte ich schon ordentlich Spaß.




Wen du fürchtest (Kristian Levring) 7,3

Ziemlich gutes "Familienvater goes psycho" Thrillerdrama, so etwas war zwar schon x-mal da, aber die Erdung in ein glaubwürdiges Setting (Teilnahme an einem Antidepressiva-Testprogramm hat Folgen..), der Ich-Erzähler, die guten Schauspieler und die zurückhaltende Regie machen das ganze durchaus sehenswert. Gegen Ende wird die Schraube (=perfider Plan des Vaters) natürlich angezogen, was dann manchmal im realitätsnahen Kontext vielleicht etwas unpassend wirkt, aber gerade das ungewöhnliche Ende ist dann nochmal ein ordentlicher Abschluß. Dennoch keine Über-Empfehlung.




Martyrs (Pascal Laugier) 8,35

Im Gegensatz zum eher zahm-lustigen Hostel hat mir dieser Film von Anfang den Atem geraubt, mich sehr gefesselt. Die zweite Hälfte hat teilweise dann aber auch leicht blöd anmutende Szenen, auch das Ende fand ich nicht ganz überzeugend. Dennoch irres Körper-Kino, zu dem ich vielleicht separat noch ein paar Zeilen schreibe...




Mise-en-abyme (Björn Last) 6,3

Ambitionierter Kurzfilm des Schöpfers der empfehlenswerten Seite Mitternachtskino. Vor allem die erste Hälfte fand ich doch arg überfrachtet und übertrieben, später entwickelt der Film noch überraschend viel subjektiv als gelungen empfundenen Humor, das Ende ist auch recht sympathisch, wenn auch vielleicht aus der Prämisse eines Filmverrückten und Filmemachers nicht ganz glaubwürdig.

Jedenfalls ein mir mit Spielereien etwas zu überladener Film, ist zwar volle Absicht und wichtig fürs Konzept, aber die Zerlegung des Mediums, etwa hinsichtlich dessen Wirkung auf, bzw. Beeinflussung des Publikums wird schon etwas holzhammermäßig präsentiert, hat mich nicht hundertprozentig überzeugt.




2012 (Roland Emmerich) 5,6

Großartige Zerstörungseffekte, viel Spaß, aber auch sehr viel Blödsinn und gegen Ende wird es doch immer mühsamer mit den peinlichen Szenen (allerdings gibt es da ja noch die entschädigenden Mega-Archen sowie die aufregende Himalaya Überflutung).




Captain Abu Raed (Amin Matalqa) 5,55

Recht formelhafter Gutmenschenfilm aus Jordanien, eine wirkliche Existenzberechtigung hat der zwar kompetent inszenierte und gut gespielte Film kaum, empfehlen kann man ihn auch nur bestimmten Leuten, und selbst das nur unter Vorbehalt, aber sympathisch ist er grundsätzlich dann doch. Gibt aber auf dem Sektor der sensiblen Dramen zig bessere Filme.


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